Autorin: Sabrina
Der Anruf von meinem Mann Patrick: „Eine Arbeitskollegin hat einen scheuen Kater gefangen, der schon länger um ihr Haus streift. Er soll kastriert werden, aber jetzt ist er auch an der Pfote verletzt. Ich hol ihn auf dem Heimweg ab und bring ihn in die Praxis.“ Gesagt, getan. Der weitere Plan: Patricks Kollegin hatte sich beim lokalen Tierheim eine Katzenfalle geliehen, um den Streuner einzufangen, der Verein trägt die Behandlungskosten und dann – so geplant – darf der Kater an seinen angestammten Platz zurück und wird dort fortan von der Arbeitskollegin gefüttert.
Pflicht zur Maniküre
Nacho, wie der riesige Kater (vermutlich Bengal-Mix) getauft wurde, musste erstmal ausnüchtern und wurde dann in Narkose gelegt, wo er gleich auch tätowiert und entwurmt werden sollte. Angekündigt war er als wild und nicht händelbar. Wir saßen an meinem freien Nachmittag schon beim Essen, als die Tierarzthelferin der Praxis anrieft. „Die Pfote ist nicht verletzt, da sind zwei Krallen ganz tief eingewachsen, weil er eine Missbildung an der Pfote hat. Wenn er wild ist und man die Krallen nicht regelmäßig schneiden kann, passiert das immer wieder. Was soll man machen?“ – Das wars mit dem Essen und schnell rüber in die Praxis.

Nach Entfernung der viel zu langen Krallen wurde das Ausmaß sichtbar: Anscheinend hatten sich zwei von Nachos Zehen nicht richtig entwickelt und waren zu einer einzigen großen verwachsen, an der aber zwei Krallen wuchsen, die so schief waren, dass er sie sich nicht abwetzen konnte. Um dauerhaft zu verhindern, dass dies immer wieder passiert, gab es nur die Möglichkeit, die Krallen mitsamt Nagelbett und erstem Zehenglied zu amputieren. Auf diese Art und Weise würden an den zwei missgebildeten Zehen gar keine Krallen mehr nachwachsen und Nacho könnte auch ohne Maniküre ein Streunerkater bleiben. Damit war aber auch klar, dass er mit einer frischen Amputationswunde nicht wie geplant am nächsten Tag wieder an seine Futterstelle zurück konnte. Er musste mindestens 10 Tage unter Aufsicht bleiben. Was also tun?
Nacho kommt mit
Zum Glück war es Sommer und das Zimmer, in dem wir sonst unsere Piraten pflegten, war derzeit leer. Im angeschlossenen Wintergarten herrschten angenehme Temperaturen, er war ausbruchsicher und wenigstens kein ganz geschlossener Raum, in dem der wilde Kater möglicherweise Platzangst bekommen und randaliert hätte. Also kam Nacho mit zu uns nach Hause. Futter, Wasser, Kratzbaum, Katzenklo und viel Ruhe – dies sollte ihm als Krankenzimmer genügen.
Doch nicht so wild?
Am nächsten Tag wollten wir wenigstens mal kurz rein, um das Klo zu säubern und waren überrascht, wie entspannt er eigentlich war. Am folgenden Tag war eine Wundkontrolle und Medikamentengabe nötig. Aber auch dafür ließ er sich überraschend leicht einfangen und festhalten. Patricks Arbeitskollegin und ihre Tochter wollten zu Besuch kommen, was ich zuerst für keine gute Idee hielt. Ich dachte, es stresst ihn zu sehr, zwei Menschen auf so engem Raum mit ihm. Na gut, dachte ich mir, mal abwarten, was passiert.

Der Kater verkroch sich zuerst, kam dann aber wider Erwarten hervor und keine halbe Stunde später bekamen wir Fotos und Videos geschickt, wie der wilde, freie, unabhängige Nacho plötzlich eine brave Schmuse- und Schoßkatze war und sich kraulen ließ. Was so ein bisschen Schmerzfreiheit und Langeweiletherapie auf dem Balkon doch ausmachen können! Nachdem seine Pfote verheilt war, durfte er zurück zu Patricks Arbeitskollegin und ist seitdem dort ein vollständiges Familienmitglied und kein Streuner mehr.