„Warum hat die arme Katze denn nur drei Beine?“

Autorin: Sabrina

Hinkis Geschichte:

„Hinki war eine waschechte scheue Strassenkatze mittleren Alters. Durch einen Unfall ist ihr linkes Vorderbein fast vollständig abgetrennt worden. Tierschützer fanden die so Verletzte glücklicherweise und das Bein wurde amputiert.

Nun war klar, dass sie mit dieser Behinderung nicht wieder an ihren angestammten Platz auf der Straße zurückgebracht werden konnte. Die Gefahr war zu groß, dass sie nicht schnell genug vor Gefahren fliehen oder sich ihren Lebensunterhalt erjagen konnte. Also kam Hinki in das große Freigehege mit wilden Katzen eines Tierheims.

Um diesen vielleicht doch eine Vermittlungschance geben zu können, kümmern sich regelmäßig ehrenamtliche Streichelpaten darum, den Tieren die menschliche Nähe ‚beizubringen‘ und zu zeigen, dass vom Menschen keine Gefahr ausgeht. Das war im Sommer 2011 meine Aufgabe.

Im Gehege lebten ca. 30 Katzen, sichtbar waren maximal 5. Eine davon war Hinki. Nach 3 Monaten vorsichtigen Spielens und mit ausgestreckter Futterhand auf dem Boden liegender Annäherung, war klar, dass wir Freunde werden.

Hinki zog in eine Wohnung mit Balkon, woran sie sich nach einigen Wochen gewöhnte und glücklich war. Sie war trotz ihrer Behinderung immer die Chefin der Zweitkatzen, die sie jeweils überlebte. Sie liebte es im Bett zu schlafen, auf dem Balkon zu liegen und ging alles ganz gemütlich an. Das fehlende Bein war immer nur bei den Menschen ein Thema, wenn sie durch die Wohnung hoppelte. Katzen untereinander scheren sich so gar nicht darum. Und wenn Hinki ihren Flitz hatte, sprang sie so schnell, dass man vergessen konnte, dass ein Bein fehlte.

Im Alter kamen natürlich, wie bei jeder anderen Katze auch, die üblichen Wehwehchen dazu. Aber auch z.B. die Gabe von Herzmedikamenten nahm Hinki vorbildlich an. Allerdings hatte sie auch Arthrose in Gelenken und dem Rücken, was ihr zusehends Schmerzen bereitete. Nachdem die regelmäßigen Schmerzspritzen nicht mehr halfen, begleiteten wir sie über die Regenbogenbrücke. Vergessen werden wir sie nie.

Wir würden immer wieder solch einer besonderen Katze den Vorzug geben. Allein schon, weil man lernt, dass nicht nur das Äußere zählt. Eine ‚arme‘ Katze war Hinki so gar nicht.

Fehlende Gliedmaßen lassen sich durch Physiotherapie und Medikamente gut behandeln und stellen keinen Grund dar, beispielsweise ein junges, ansonsten gesundes Tier einzuschläfern.“

– Jennifer, Kapitänin von mehr als nur einer Piratenkatze

Edwards Geschichte:

Edward wurden im Juni 2022 geboren und kam als dreibeinges Piratenkind mit nur einem Hinterlauf aus der Ukraine zu uns ins Piratenrefugium. Was mit seiner Pfote passiert ist, weiß man nicht. Möglicherweise ging sie schon als Baby verloren oder er wurde so geboren. Edward hat zwar nur drei Pfoten, aber für Trübsal hat dieses freundliche und soziale Katerchen keine Zeit. Im ersten Moment zeigt er sich manchmal etwas zurückhaltend, aber das liegt meistens an dem Abenteuer, das er gerade in seinem Köpfchen durchspielt. Wenn er damit fertig ist springt er auch fremden Menschen zutraulich auf den Schoß. Dabei zeigt er sich auffällig sanft und respektvoll. Vorsichtig tapst er den Menschen an und fragt auf diese Weise, ob man ihn nicht bitte von Kopf bis Pfote durchkraulen könnte. Im Alltag hopst er selbstständig und zielsicher durch für Welt. Er klettert sogar den Kratzbaum hinauf, bis ganz nach oben. Lebensqualität? Na klar!

Edward spielt wunderbar auch nur mit 3 Beinen!

Für viele Besitzer*innen ist es verständlicherweise erstmal ein Schock, wenn man aufgrund von Krankheiten oder meist Verletzungen über die Amputation einer Gliedmaße nachdenken muss. Natürlich muss sich auch das Tier nach der OP erst neu zurechtfinden und lernen sich auszubalancieren. Aber oft schaffen die Tiere das überraschend schnell. Bedingt durch die Bewegungsabläufe sowie die Gewichtsverteilung kommen Katzen und auch Hunde aber mit der Amputation eines Hinterbeines sogar noch besser zurecht als wenn eine Vorderpfote fehlt.

Klettern ist kein Problem für Edward.

Da sie nicht schnell genug vor Autos oder sonstigen Gefahren flüchten könnten, können dreibeinige Katzen meist nur in Wohnungshaltung oder mit gesichertem Auslauf vermittelt werden. Rutschige, offene Treppen oder Emporen in der Wohnung können für sie ebenfalls gefährlich sein. Jedoch kennt man Fälle, in denen Katzen mit fehlenden Gliedmaßen sogar nach der Amputation wieder Freigänger in einer ruhigen Gegend werden konnten, da sie es vorher so gewohnt waren und mit der Behinderung leben lernten. Natürlich kann die Überbelastung des vorhandenen Beins langfristig zu Arthrosen führen, sodass man Übergewicht vermeiden sollte. Eine schiefe Körperhaltung kann Rückenschmerzen verursachen. Aber diese Zustände kann man falls nötig mit Medikamenten im Alter und Physiotherapie behandeln. Bei dreibeinigen Katzen kann es hilfreich sein, Katzenklos mit erhöhtem Rand anzubieten, damit sie sich anlehnen können. Aber ein Grund zum Einschläfern ist eine fehlende Pfote mit Sicherheit nicht!

Bemerkung: Beckenfraktur

Unangenehme Tage der Heilung

Sir Lancelot wurde nach einem Unfall mit einer Beckenfraktur gefunden und bei uns so lange untergebracht, bis klar war, dass er großes und kleines Geschäft verrichten konnte. Bei Katzen verheilen manche unkomplizierte Beckenfrakturen innerhalb von 6 Wochen mit strenger Boxenruhe. In diesem Fall hat es erfreulicherweise gut funktioniert.

Geduld ist das wichtigste. Sir Lancelot darf bei der Versorgung eines Piratenkindes zusehen.

Er kann wieder ganz normal laufen und konnte sogar Freigänger werden. Zwei ähnliche Fälle von erwachsenen Katzen, die nach einem Autounfall aber operiert werden mussten, hatten wir auch schon zur Pflege. Das wochenlange Eingesperrtsein auf winzigem Raum ist zwar keine Freude für die Tiere, für den Heilungsprozess aber unerlässlich.

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